Herbstausfahrt 2014

 

Der Herbst ist die Zeit, da die Tage kürzer und die Bremswege länger werden."

(Markus M. Ronnner)

Es ist Herbst...

Der Herbst ist auch die Zeit, in der wir noch einmal mit unserem Freund Gerd auf Tour gehen, um die (möglicherweise) letzten brauchbaren Tage des Jahres sinnvoll zu nutzen, d.h. lustvoll fossile Brennstoffe zu verfeuern. Diesmal soll es mit der GS und dem Explorer nach Heidenheim an der Brenz gehen, also in den Osten von Baden-Württemberg. Mit Gerd auf Tour zu gehen ist äußerst angenehm. Er kennt die besten Routen aus dem TOURENFAHRER (Jahrgänge 1913 bis heute) auswendig und weiß, wo es den billigsten Sprit gibt und wo man bei der Einkehr die größten Portionen bekommt. Ich brauche nichts zu planen und muss nicht navigieren, sondern muss mich einfach nur an sein Hinterrad hängen und darf nicht abreißen lassen. Der Rest passiert dann quasi von ganz alleine. Klingt gut? Ist es auch. ABER. Die Sache hat zwei kleine Haken: Erstens fährt Gerd gerne zügig. Das ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, denn auch ich bin kein Kind von Traurigkeit. Allerdings hat mich die Rennleitung am Anfang der Woche gleich zweimal kurz hintereinander dabei fotografiert, wie ich die Vorschriften über die zulässige Höchstgeschwindigkeit recht extensiv ausgelegt habe. Und deswegen muss ich bis auf Weiteres erst einmal betont gesetzestreu fahren, weil das Letzte, was ich jetzt brauche, ein weiteres Knöllchen oder gar ein Fahrverbot ist. Und zweitens enden unsere Ausfahrten mit Gerd mit einer gewissen Regelmäßigkeit in einem kleinen bis mittleren Desaster. Als wir beispielsweise seinerzeit gemeinsam in die Fränkische Schweiz aufgebrochen sind, um ein nettes Wochenende auf dem Motorrad zu verbringen, fing es bereits am ersten Rastplatz hinter Frankfurt an zu regnen und hörte erst auf, als wir schon wieder seit drei Tagen im Büro waren. Und treue Leser werden sich daran erinnern, wie Gerd bereits am ersten Abend unserer Tour durch Polen und das Baltikum die Ducati verreckt ist, sodass wir die Tour ohne ihn fortsetzen mussten. Das weiß natürlich auch Gerd, der mir noch am Vorabend fröhlich verkündet, er habe uns Parkplätze vor der Diskothek „Arabischer Frühling“ reserviert. Das macht Mut.

Am Samstag treffen wir uns also zu früher Stunde an dem oben angesprochenen Rastplatz und brechen auf in den Süden Deutschlands, dahin, wo man alles kann außer Hochdeutsch. Von Aschaffenburg geht es über Wertheim nach Stadtprozelten, auf die Henneburg. Die Burg aus dem 12. Jahrhundert thront etwa 100 Meter über dem Ort auf einem Ausläufer des Kühlbergs.

Auf der Henneburg in Stadtprozelten
Blick ins Tal
Teilweise hatten wir ganz schön Gegenwind
Henneburg
Neringa und Gerd

Nach einem kurzen Fotostopp geht es weiter nach Langenburg, wo wir etwas essen, was leicht schmeckt und nicht belastet, da wir ja schließlich viel im Sitzen arbeiten. Die Sonne lacht, die Straßen sind trocken und andere Verkehrsteilnehmer muss man abseits der A3 mit der Lupe suchen. Es ist fast zu schön, um wahr zu sein, bis ein befremdliches Geräusch an mein ungeschultes Ohr dringt. Es ist schwer zu beschreiben, aber es erinnert mich ein wenig an eine Kuh mit Durchfall. Obwohl ich weiß, dass ein Defekt an der (guten, alten und luftgekühlten) GS äußerst unwahrscheinlich ist, werde ich nervös und horche intensiv ins Motorrad hinein. Mal ist das braddelnde Geräusch da, im nächsten Moment ist es wieder weg. Ein Fall für die X-Akten. Bis mir irgendwann dämmert, dass es sich um das Abrollgeräusch handelt, das Gerds Tourance Next macht, wenn er über sehr glatten Belag rollt... (Notiz an mich: Den lieber nicht kaufen.)

Anschließend geht es auf einen Kaffee und ein Spaghetti-Eis nach Vellberg. Das Städtchen im Landkreis Schwäbisch Hall hat einen tollen Marktplatz mit Springbrunnen, Fachwerkhäuser, einen schönen Ausblick über die Umgebung, und das am einfachsten zu lösende Labyrinth von ganz Baden-Württemberg zu bieten.

Nur nicht abreißen lassen...
Kaffeepause in Vellberg
Trio mit vier Fäusten
Schräge Vögel
Björn bei der Dokumentation des Paarungsverhaltens der Steinlaus
Kleine Stärkung
Gerd versucht sich am simpelsten Labyrinth von Baden-Württemberg
Rathaus von Vellberg
Kein Trinkwasser
"Das doppelte Lottchen" oder "5 Zylinder für ein Hallelujah"

Mit reichlich kurzkettigen Kohlenhydraten im Verdauungstrakt fahren wir dann zu unserem Hotel in Heidenheim. Das Hotel scheint in der Umgebung alternativlos zu sein, denn es ist proppenvoll. Nicht nur eine Hochzeitsgesellschaft ist dort einquartiert, sondern es findet auch ein Klassentreffen statt, bei dem man sich bei Betrachtung der Teilnehmer unweigerlich fragt, ob es das Bildungswesen in Deutschland tatsächlich schon so lange gibt. Und gerade als ein Küchenmitarbeiter zum Getränkegroßhandel aufbricht, um Gerds Bierdurst stillen zu können, fährt auch noch der Bus des VfL Bochum vor.

Heidenheim
Heidenheim
reflection
Sonnenuntergang über Heidenheim
Unser Hotel

Nach einem ausgiebigen Frühstück brechen wir am nächsten Morgen gut eingepackt wieder auf, um über Künzelsau und Amorbach nach Frankfurt zurückzufahren. Der dichte Frühnebel kriecht in jede Ritze und legt sich als feuchter Schleier aufs Visier. Und in Gerds Fall auch noch zwischen das Visier und die Antibeschlag-Beschichtung seines nagelneuen Helms. Wegen der eingeschränkten Sicht geht es zunächst eher schleppend voran. Meine Füße sind klamm, weil ich die Motorradstiefel dummerweise neben der gekippten Balkontür stehen gelassen hatte. Beim Anziehen am Morgen fühlte es sich an, als würde ich in einen Gefrierschrank steigen. Zum Glück kann ich die Füße am Boxermotor aufwärmen. Und nach einiger Zeit gewinnt dann auch die Sonne die Oberhand und der Nebel schmilzt dahin wie Butter in... naja, halt in der Sonne.

 

An einem kleinen Weiher machen wir ein paar Fotos und genießen es, wie das goldene Licht sich auf der Wasseroberfläche spiegelt und unsere Gesichter wärmt. In Amorbach gibt es dann ein kleines Mittagsmahl, ehe uns kurz darauf die Mainmetropole wieder hat. Hoffentlich gibt es noch ein paar solcher Wochenenden, ehe der Winter und die endlose Finsternis losgehen. Wir haben davon jedenfalls noch lange nicht genug...

Stahlweiher bei Abtsgmünd
Morgenstund' hat Gold im Mund