Hamburg 2012
„Wir müssen nicht glauben, dass alle Wunder der Natur nur in anderen Ländern und Weltteilen seien. Sie sind überall. Aber diejenigen, die uns umgeben, achten wir nicht, weil wir sie von Kindheit an täglich sehen.“
(Johann Peter Hebel)
Ende September, Herbstanfang. Wenn dieses Jahr schon kein richtiger Motorradurlaub mehr drin ist, dann müssen wir wenigstens noch einmal für ein verlängertes Wochenende raus. Also warum nicht das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden? Beispielsweise die – wie jedes Jahr bis (fast) zum Schluss hinausgeschobene – berufliche Pflichtfortbildung in einer reizvollen Stadt buchen und mit der GS hinfahren? Da kommt mir das Seminarangebot in Hamburg gerade recht, das vermutlich schon seit Wochen unbeachtet auf meinem Schreibtisch liegt, und auch Neringa ist schnell überredet.
Mit ein paar unverbrauchten Touri-Tipps von Rainer Janneck, Wahlhamburger und Autor der lesenswerten Motorradreiseerzählungen „Ein Jahr, mein Motorrad und ich“ und „Tausche Bürostuhl gegen Motorradsattel“ (beide erschienen im Highlights Verlag), machen wir uns auf den Weg nach Norden. Camping oder Kempinski? Diese Frage ist bei 13 Grad Celsius schnell zugunsten der Luxusherberge mit Fußbodenheizung beantwortet. Im Interesse der Gepäckminimierung hat Neringa leider nur eine dünne Lederjacke eingepackt und statt Schuhen hat sie Ballerinas dabei, die man ohne Strümpfe trägt. Nach nur wenigen Schritten an der Alster wird klar, dass schleunigst wärmere Klamotten her müssen. Daher shoppt sie sich kurzerhand einmal quer durch die Europapassage und das Alsterhaus. Als sie dann die Neuanschaffungen alle angelegt hat, ist sie vermummt wie Kenny aus South Park und stemmt sich tapfer gegen die steife Brise.
Das Glück wohnt in Hamburg, so das Ergebnis einer aktuellen Studie zur Zufriedenheit der Bürger. Und tatsächlich scheint man in Hamburg recht entspannt und freundlich zu sein. Zu diesem Glück dürften das Gefühl von Weite, der unversperrte Blick auf den Horizont und das jugendliche Treiben an und auf dem Wasser maßgeblich beitragen. Es gibt Live Musik auf dem Reeperbahn Festival, die Ruderbundesliga gastiert an der Alster, und immer wieder sieht man kleine Grüppchen von jungen Männern oder Frauen mit Hasenohren, Bauchläden und gleichen T-Shirts, die die unvermeidlichen Junggesellenabschiede zelebrieren. Wir nutzen die Tage, um uns die Stadt überwiegend zu Fuß anzusehen, und wenn uns die Kräfte verlassen, kehren wir in ein nettes Restaurant oder Bistro ein. Auf diese Weise geht die vermutlich letzte Tour im Jahr 2012 viel zu schnell vorbei, obwohl wir noch nicht einmal die Hälfte von dem gemacht haben, was wir uns vorgenommen hatten. Hamburch, wir kommen wieder! Ganz bestimmt!