Edersee 2015

 

„Mögest du hundert Frühlinge erleben, aber nur einen Herbst.“

                                                                  (Irischer Segensspruch)

Nach schier endlosen Monaten der Dunkelheit und Kälte klettern die Temperaturen Anfang März endlich wieder einmal in den zweistelligen Bereich, und es sind bis zu 10 Sonnenstunden pro Tag angekündigt. Meine Vorfreude aufs Motorradfahren wächst ins Unermessliche, ich kann vor Aufregung kaum noch das Wasser halten. Den ganzen Winter über habe ich (vergeblich) versucht, den trübsinnigen Gedanken durch das Studium von Reiseprospekten sowie Büchern und DVDs von Berufsabenteurern mit Werksunterstützung Einhalt zu gebieten. Weil richtige Touren einfach nicht machbar waren, habe ich mich – quasi als Ersatzbefriedigung –  in diversen Motorradläden in Frankfurt und Umgebung herumgetrieben und mich bei der Gelegenheit auch gleich für fragtnichtwieviel von Kopf bis Fuß neu eingekleidet. Ich kann mich mittlerweile bei keinem der großen Filialisten der Motorradbekleidungsbranche mehr blicken lassen, weil ich bei meinen unzähligen Besuchen wirklich alles angefasst, gefragt und ausprobiert habe (von der Gästetoilette bis zum Windkanal), immer nur darauf lauernd, dass das erste gute Frühlingswochenende kommt. Als es dann plötzlich soweit ist, bin ich total überfordert. Wohin sollen wir fahren? Mit Übernachtung oder ohne? Wo ist das Ladekabel für die Kameraakkus, und wo sind eigentlich die Spanngurte?!

Endlich Frühling!

Nach einer kurzen Krisensitzung mit der Gattin ist klar: Wir fahren an den Edersee! Die nordhessische Ferienregion rund um einen der größten Stauseen Deutschlands wartet mit einem wahren Kurvenparadies, Biker-freundlicher Gastronomie und allerlei Sehenswürdigkeiten auf. Nicht umsonst ist hier im Sommer die Hölle los, kabbeln sich Biker, Radfahrer, Wanderer und Wassersportler um die besten Plätze in den Cafés am Seeufer. Schon von Weitem sehen wir die ersten Ausläufer des Mittelgebirges im Nationalpark Kellerwald-Edersee. Über ein schmales, geschwungenes Asphaltband scheuche ich den Tiger zunächst zum Schloss Waldeck, wo wir übernachten werden, und von dessen Terrasse man einen fantastischen Ausblick über den Edersee und das Umland hat. Anschließend besichtigen wir die rund 100 Jahre alte Edertalsperre und lassen das sonnenbeschienene Monument bei einem fettigen Snack in Ruhe auf uns wirken. 

Schloss Waldeck
Stairway to heaven - oder zumindest zu unserem Zimmer...
Björn auf der Staumauer
Der Edersee im Gegenlicht
Edertalsperre

Toll ist auch das „Tolle Haus“ in Affoldern. Es steht nämlich auf dem Kopf und dürfte seine Bewohner selbst bei den einfachsten täglichen Verrichtungen zur Verzweiflung treiben – man denke etwa an den Toilettengang. Für nur 5 Euro Eintritt kann man sich das Unikum auch von innen anschauen. Ebenfalls 5 Euro Eintritt pro Person zahlen wir im WildtierPark Edersee in Hemfurth. Dort kann man neben den üblichen Verdächtigen in unseren Breitengraden (Wildschweine, Rot- und Damwild, Wisente und Wölfe) auch exotischeres Getier anschauen. So lauern etwa Geier auf waidwunde Biker, die es in einer der engen Kurven am Seeufer niedergestreckt hat. Beim Füttern der Rehe wird Neringa von den aufdringlichen Gesellen regelrecht abgeschleckt – zu dumm, dass sie sich extra noch etwas schickes angezogen hatte, während ich immer noch meine abwaschbare Motorradjacke trage. 

Tolles Haus in Affoldern
Neringa hat der Putzfimmel gepackt
Kurvengenuss am Ostufer des Edersees
Im Kreisverkehr wird schon für den WildtierPark geworben - sponsored by Jack Wolfskin?!
Hier gibt es auch den seltenen trigema Hirsch
Hungriger Aasfresser
Feucht-fröhliche Fütterung

Den Sonnenuntergang schaue ich mir bibbernd auf der Schlossterrasse an und versuche, mit eiskalten Händen ein Foto zu erhaschen, das der Schönheit des Abends einigermaßen gerecht wird.

Feierabend

Am nächsten Morgen machen wir noch einen kleinen Umweg über Kassel, um uns den Bergpark in Bad Wilhelmshöhe anzuschauen. Für die spektakulären Wasserspiele sind wir noch etwas zu früh im Jahr dran, aber auch so staunen wir nicht schlecht.

Frostiges Erwachen
Es geht bergab
Bad Wilhelmshöhe

Auf dem Heimweg lasse ich die milde Luft in den Helm strömen und ärgere mich nicht einmal darüber, dass mein Heuschnupfen offenbar schon in den Startlöchern steht. Da ist er also endlich, der Lenz! Dann wäre doch nur noch zu klären, wo wir nächstes Wochenende hinfahren. Und wo die verdammten Spanngurte sind...